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Warum in Konflikten Wertschätzung verloren geht –
Wenn Stress das Gehirn blockiert

Konflikte machen Stress. Und aus der Gehirnforschung ist bekannt, wie Stress uns verändert: unsere Wahrnehmung, unser Denken, Fühlen, Wollen und Verhalten. Die stressbedingten Veränderungen können dazu führen, dass Konflikte eskalieren – obwohl die Beteiligten das eigentlich gar nicht wollten.
Doch wenn uns die Mechanismen bekannt sind, können wir bewusster gegensteuern. Und es gibt Möglichkeiten, diese stressbedingten Blockaden im Gehirn aufzulösen.

Veränderungen im Wahrnehmen

Stress führt zu einer selektiven Wahrnehmung von Ereignissen – nach dem Motto: „Ich sehe, was ich denke!“ Alles was ich wahrnehme, bestätigt das, was ich denke. Die selektive Wahrnehmung wirkt wie ein Filter.
Ein Beispiel: Der Kollege, auf den ich nicht gut zu sprechen bin, grüßt mich nicht, lächelt noch nicht einmal. Dann denke ich: „Er ist so unhöflich, wusste ich es doch!“
Lächelt und grüßt mich der Kollege hingegen, denke ich: „Er schleimt sich ein, er tut ja nur so als ob. Darauf kann ich verzichten!“
Der Kollege hat also keine Chance …

Veränderungen im Denken

In Konflikten neigen wir zu Pauschalisierungen und sehen unsere Vorurteile bestätigt. Es gibt nur noch Schwarz-Weiß-Denken. Wir denken in Kategorien wie Täter – Opfer, Recht – Unrecht, gut – böse. Denn Ambivalenzen sind nur schwer auszuhalten. Das eigene Denken wird verabsolutiert, nur man selbst hat Recht. Und wir neigen zu „Kurzschlüssen“, treffen voreilige Entscheidungen, die wir später womöglich bereuen.

Veränderungen im Fühlen

In Konflikten fühlen wir uns oft bedroht und haben Angst; wir erleben uns als ohnmächtig und hilflos. Um das aber nicht spüren zu müssen, spalten wir Gefühlsbereiche ab. Das kann entweder zu Gefühlskälte führen; oder auch zu explosiven Gefühlsausbrüchen, wenn Gefühle zu lange unterdrückt werden. Und die Empathie-Fähigkeit kann verloren gehen. Das heißt, wir wollen und können nicht mehr wahrnehmen, wie sehr vielleicht auch der/die andere leidet.
Die Ohnmacht und Hilflosigkeit und der erlebte Verlust von Selbstwirksamkeit führen dazu, dass eine Konfliktklärung vermieden wird.

Veränderungen im Wollen

In extremen Stress- oder Konfliktsituationen sind wir nicht mehr sehr selbstbestimmt. Denken ist kaum mehr möglich. Der Wille wird durch den Instinkt gesteuert, der Überlebenstrieb lässt nur noch Kampf, Flucht oder Totstellen zu. Wir sehen nur noch den eigenen Standpunkt, auf dem wir stur beharren. Die Bereitschaft nachzugeben wird von einer Ego-Zentrierung verdrängt.

Veränderungen im Verhalten

All diese Veränderungen zeigen sich im Verhalten: es wird hektisch gehandelt, Reaktionen erfolgen überschnell. Statt einem Dialog gibt es nur noch einen Schlagabtausch von Angriffen, Vorwürfen und Forderungen. Und mitunter greifen wir auf frühkindliche Bewältigungsstrategien zurück: Schreien, Stampfen, Verstummen. Wie Kinder, die sich im Kassenbereich auf den Boden werfen …
Es besteht die Gefahr der Eskalation, nach dem Motto: „Gemeinsam mit dem Feind in den Abgrund“.

Strategien, um die Blockaden im Gehirn aufzulösen

Es braucht Unterstützung, damit die Konfliktparteien die Blockaden im Gehirn auflösen und ihr Gehirn wieder nutzen können, also wieder selbstbestimmt und differenziert denken können. Es braucht neue Erfahrungen.

  • Die Konfliktparteien müssen wieder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erlangen, also die Erfahrung machen: es macht einen Unterschied, ich kann etwas bewirken.
  • Auch psychosozialer Beistand ist hilfreich: jemand, der zuhört, der Empathie gibt. In einem frühen Stadium des Konflikts kann es auch mit Selbstempathie gelingen.
  • Und das Vertrauen in und das Glauben an den anderen muss wieder wachsen. Es braucht die Erfahrung, dass man mit dem anderen wieder reden kann.

Ein möglicher Rahmen, damit dies gelingen kann und dass neue Erfahrungen gemacht werden können, ist ein Konflikt-Coaching oder eine Mediation.